Desmose (Desmosis coli)

Als Desmose bezeichnet man eine angeborene (aplastische) oder erworbene (atrophische) Erkrankung des Dickdarmes, die sich durch einen Rückgang bzw. ein Fehlen des bindegewebigen kollagenen Grundgerüstes der Darmwandmuskulatur (Muscularis propria) auszeichnet. Aus dem Fehlen der Bindegewebsstränge resultiert ein gestörtes Zusammenspiel von Längs- und Quermuskulatur und damit eine Peristaltikstörung bis hin zur kompletten funktionellen Darmlähmung. Als Symptom resultiert für Betroffene eine chronische Obstipation.

Die genauen Ursachen, die zum Verlust des Bindegewebsgerüstes führen, sind bislang nicht bekannt.

Atrophische Desmose

Die atrophische Desmose ist die bei weitem häufigere der beiden Desmoseformen. Sie entsteht als Folge einer vorbestehenden Erkrankung oder einer externen Bindegewebsschädigung und wird daher auch sekundäre Desmose genannt. Zur atrophischen Desmose führen können unter anderem Divertikultis, Morbus Crohn, nekrotisierende Enterokolitis, chronische Obstipation mit Hyperextension und Dehnungsatrophie der Ringmuskulatur, idiopathisches Megakolon sowie iatrogene Schädigungen durch Radiatio. Als Ursache für den Bindegewebsrückgang vermutet man Entzündungsvorgänge, bei denen unter anderem auch bindegewebsschädigende Kollagenasen ausgeschüttet werden. 

Die atrophische Desmose führt in den meisten Fällen zu einer nur teilweisen Atrophie des kollagenen Bindegewebes, ein Totalverlust ist jedoch möglich.

Aplastische Desmose

Die aplastische Desmose ist deutlich seltener als die atrophische Form. Bei ihr ist das intestinale Bindegewebsgerüst von Geburt an nicht angelegt, sie wird daher auch als primäre oder kongenitale Desmose bezeichnet. Sie macht weniger als 1% der Desmosen aus und manifestiert sich in der Regel in der Kindheit oder im jungen Erwachsenenalter. Gehäuft tritt sie bei Frühgeborenen mit niedrigem Geburtsgewicht und im Zusammenhang mit dem Mikrokolon-Megazystis-Syndrom auf.

Typischerweise besteht hierbei ein komplettes Fehlen der Peristaltik (Aperistalsis).

Diagnose

Aufgrund der Seltenheit der Desmoseerkrankung wird bei chronischer Obstipation im Kindesalter differentialdiagnostisch in der Regel zunächst einmal von einer idiopathischen oder ernährungsbedingten Verstopfung oder einem Morbus Hirschsprung ausgegangen und eine dahingehende Diagnostik und symptomatische Therapie eingeleitet. 

Die Diagnose „Desmose“ wird meist erst nach langem Krankheitsverlauf und Leidensweg gestellt. Sie erfolgt auf Grundlage der Mikroskopie eines Biopsats oder Teilresektats des Darmes in Sirius-Rot-Färbung.

Therapie

Eine ursächliche Therapie ist nicht bekannt. Bei kompletter Aperistalsis oder symptomatisch nicht ausreichend therapierbaren Beschwerden ist die einzige Therapieoption die Resektion des betroffenen Darmabschnittes mit Anlage eines künstlichen Darmausganges (Anus praeter).

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur