Einklemmung

Als Einklemmung oder Herniation bezeichnet man die aus einer pathologischen Erhöhung des intrakraniellen Druckes resultierende Verschiebung und Kompression von Teilen des Gehirns. Schon eine beginnende Einklemmung erfordert ein umgehendes therapeutisches Eingreifen, da durch die in Folge der Einklemmung verminderte oder ganz abgeschnittene Blutzufuhr schnell dauerhafte Schäden entstehen, die innerhalb kurzer Zeit zum Tode führen können.

Grund für die einer Einklemmung zugrunde liegende Hirndruckerhöhung können unter anderem intrakranielle Blutungen, Ischämien, Hirntumoren oder Verletzungen sein.

Man unterscheidet verschiedene Formen der Einklemmung. Klinisch am relevantesten sind die untere Einklemmung und die obere Einklemmung, da diese den Hirnstamm betreffen und daher unmittelbar lebenswichtige Gehirnfunktionen bedrohen. Die subfalzine Einklemmung stellt oft eine Vorläuferform der beiden zuvor genannten Formen dar.

Obere Einklemmung

Bei der oberen Einklemmung werden die unteren medialen Teile der Temporallappen, die sogenannten Unci temporales, in die Incisura tentorii, also die Öffnung zwischen den beiden Schenkeln des Tentorium cerebelli, gedrückt. Man spricht daher auch von einer „unkalen Einklemmung“. Im weiteren Verlauf können auch dienzephale Strukturen an der Einklemmung beteiligt sein.

Dabei können sowohl die eingeklemmten Teile der Hirnrinde, als auch die in diesem Bereich liegenden Teile des Hirnstammes, hier im wesentlichen das Mesenzephalon sowie die oberen Pons-Anteile, geschädigt werden.

Desweiteren kann der Nervus oculomotorius affektiert sein, was zu einem Ausfall der parasympathischen Innervation der ipsilateralen Pupille und der motorischen Innervation des ipsilateralen Auges führt. Dementsprechend kommt es auf der betroffenen Seite zu einer Mydriasis (Pupillenerweiterung) und Lichtstarre, später auch zu einem Ausfall der Augenbewegungen mit konsekutiver Blickdeviation nach unten außen. Die parasympatischen Anteile des Nerven sind zuerst betroffen, da sie die motorischen Fasern des N. oculomotorius von außen umgeben.

Auch die A. cerebri posterior kann im Rahmen der oberen Einklemmung komprimiert werden und so zu einer Ischämie im Bereich des ipsilateralen visuellen Cortex und in der Folge zu Sehstörungen im Sinne einer kontralateralen homonymen Hemianopsie führen.

Eine akute Lebensgefahr geht vor allem von der Schädigung des Mesenzephalons aus. Durch Schädigung der ventralen Anteile des Mesenzephalons (Crura cerebri) kann es zu Paresen (Lähmungen) kommen. Weitere Druckschädigungen und resultierende Mikroblutungen im Mesenzephalon führen schließlich zur Bewusstseinseintrübung, Kreislaufdepression, Schädigung des Atemantriebs und letztlich zum Tod.

Untere Einklemmung

Bei der unteren Einklemmung werden Teile des Kleinhirns, die Kleinhirntonsillen (Tonsillae cerebelli), nach unten in das Foramen magnum gedrückt. Man spricht daher auch von einer tonsillären Einklemmung. Hierbei kann der untere Hirnstamm (Medulla oblongata) sowie das obere zervikale Rückenmark geschädigt werden mit der möglichen Folge einer lebensgefährlichen Schädigung von Steuerzentren für Atmung und Kreislauf.

Zunächst kommt es häufig zu starken Kopfschmerzen, im weiteren Verlauf zur Bewusstseinseintrübung, Kreislaufinstabilität, Atemdepression und letztlich zum Tod. Durch Reizung des in der Medulla oblongata gelegenen Brechzentrums kann es zu Übelkeit und Erbrechen kommen.

Die untere Einklemmung bei weiterer intrakranieller Drucksteigerung aus einer oberen Einklemmung hervorgehen. Zu einer isolierten unteren Einklemmung kann es jedoch auch bei raumfordernden Prozessen im Kleinhirnbereich.

Bei der Chiari-Malformation kommt es durch eine Entwicklungsstörung zu einer angeborenen unteren Einklemmung unterschiedlichen Ausmaßes.

Subfalzine Einklemmung

Bei der subfalzinen Einklemmung wird der mediale Anteil eines Frontallappens in Richtung der kontralateralen Hemisphäre unter die Falx cerebri gedrückt. Da zunächst der frontale Anteil des medial gelegenen Gyrus cinguli betroffen ist, spricht man auch von einer cingulären Einklemmung.

Da bei dieser Form der Einklemmung kein direkter Druck auf den Hirnstamm ausgeübt wird, birgt sie eine geringere akute Lebensgefahr für den Patienten. Sie kann jedoch zu lokalen Ischämien und Blutungen führen und mit zunehmendem Hirndruck in die oben genannten Einklemmungsformen übergehen.

Therapie

Je nach Schweregrad der Einklemmung ist oft ein sofortiges operatives Eingreifen nötig, bei dem zur Druckentlastung eine Kraniotomie durchgeführt wird und ein Teil der Schädelkalotte temporär entfernt wird. Eine möglichst baldige Beseitigung der Ursache des erhöhten Hirndruckes ist anzustreben. Ist auf dem CT-Bild bereits eine eindeutige Einklemmung zu sehen, so muss von einer eher schlechten Prognose ausgegangen werden.

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur